Das Baugrundgutachten: Was ist das eigentlich?
Das Baugrundgutachten, auch als Bodengutachten, Gründungsgutachten oder Baugrunduntersuchung bekannt, gibt Auskunft über die Beschaffenheit des Boden auf dem Baugrundstück – unter der Erdkrume, unter die man nun einmal nicht so einfach gucken kann. Diese geotechnische Untersuchung analysiert die Wechselwirkungen zwischen dem Boden, dem geplanten Bauwerk, dem Grundwasser und der Bebauung in der Nachbarschaft.
Nur mit diesem Gutachten lässt sich belastbar bestimmen, inwiefern sich das Grundstück überhaupt bebauen lässt. Es ist also die Basis eines jeden reibungslosen Bauprojekts. Denn: Nicht jeder Untergrund trägt ohne Verbesserungsmaßnahmen ein mehrstöckiges Massivhaus und nicht jeder Boden lässt einen Keller zu.
Kosten- und Planungssicherheit
Mit dem Wissen aus der Baugrunduntersuchung können Risiken und Schäden an der Immobilie, wie Feuchtigkeit, Absackungen oder Risse durch Setzungen, von vornherein vermieden werden. Experten sprechen hier vom sogenannten Baugrundrisiko. Dieses liegt immer beim Bauherrn – und wird durch das Bodengutachten soweit wie möglich minimiert. Das Gutachten verschafft Kosten- und Planungssicherheit und stellt auch eine rechtliche Absicherung gegen Folgeschäden dar. Die Untersuchung des Baugrunds ist z.B. notwendig, damit der Statiker das richtige Maß des Fundaments und der Bodenplatte berechnen kann. Da er für seine Berechnungen haftet, ist er auf die Infos aus dem Gutachten angewiesen.
Verlassen Sie sich nicht auf mögliche Mutmaßungen der Baufirmen, was die Bodeneigenschaften des Grundstücks anbelangt. Denn um gute Preise anbieten zu können, gehen diese im Angebot und Kaufvertrag oft von optimalen, unproblematischen Bodenbedingungen aus (z.B. Bodenklasse 3). Ist der Baugrund dann doch problematischer, kann dies viele tausend Euro Mehrkosten bedeuten!
Und sparen Sie auch nicht am Baugrundgutachten, nur weil Ihr Nachbar nebenan ohne Probleme bauen konnte und Ihr persönlicher Bau-Experte (Architekt, Statiker, Baufirma) deshalb „aus Erfahrung“ oder „weil er sich in der Gegend auskennt“ sagt, es würde auch ohne funktionieren. Areale können sich in direkter Nachbarschaft befinden und dennoch einen sehr unterschiedlichen Untergrund besitzen. Das Internet ist voll von Berichten geschädigter Bauherren, die auf das Gutachten verzichtet haben und fünf- oder sogar sechsstellige Folgeschäden beklagen.
In beiden Fällen gehen Sie nur durch eine genaue Untersuchung vor Ort auf Nummer sicher.
Wie läuft die Untersuchung des Baugrunds ab?
Gewonnen werden die Informationen durch Baugrundsondierungen (Rammkernsondierung) und verschiedene Bohrungen (Kleinrammbohrungen). Diese nimmt der Gutachter an mindestens zwei diagonal gegenüberliegenden Ecken bis zu einer Erkundungstiefe von fünf bis sechs Metern unter der vorgesehenen Fundamentsohle vor. Zudem werden im Anschluss bodenmechanische Untersuchungen im Labor durchgeführt.
Welche Informationen stehen im Baugrundgutachten?
Das Baugrundgutachten offenbart den Aufbau des Baugrunds und weist seine bodenmechanischen Eigenheiten aus. Besonders wichtig sind das Setzungsverhalten und die Tragfähigkeit. Zudem kann man dem Baugrundgutachten Informationen zum Grundwasservorkommen und der Versickerung von Oberflächenwasser entnehmen.
Gibt es Probleme oder Auffälligkeiten im Boden, werden konkrete Maßnahmen zu einer Bodenverbesserung angeraten, etwa Verdichtungen. Im Gutachten finden sich konkrete Kennzahlen, die für die Fundamentbemessung und die Art seiner Gestaltung maßgeblich sind und die in eine fundierte Gründungsempfehlung münden. In einigen wenigen Teilen der Bundesrepublik wird auch eine Zuordnung zu einer Erdbebenzone vorgenommen.
Das Baugrundgutachten enthält im Detail Infos über:
- Bauort, Bauwerk und Auftraggeber
- Bodenaufbau
- Bodenart und Bodenkennwerte
- Bodenklasse (siehe nächster Punkt)
- Bodenmechanische Eigenschaften, vor allem Tragfähigkeit und Setzungsverhalten
- Grundwasservorkommen und dessen mögliche Belastungen
- Versickerungsfähigkeit von Oberflächenwasser
- Frostsicherheit
- Auffälligkeiten und möglichen Gefahren
- Ausführung und Vorgaben des Erdbaus (Aushebung)
- Gründungsempfehlung
- Abdichtung des Bauwerks (Keller: Einfaches Mauerwerk oder wasserdicht?)
- Erdbebenzonen
- ggf. Belastungen, Schadstoffe (erweitertes Gutachten)
Was hat es mit den Bodenklassen im Gutachten auf sich?
Im Baugrundgutachten kann man nachlesen, zu welcher Bodenart das Erdreich gehört. Die Bodenklassen werden bzw. wurden in sieben Kategorien unterteilt – zu denen man bei Interesse noch viel mehr Details in unserem Wiki nachlesen kann.
Kategorie und Bewertung:
- Bodenklasse 1 – Oberboden
- Bodenklasse 2 – fließende Bodenarten
- Bodenklasse 3 – leicht lösbare Bodenarten
- Bodenklasse 4 – mittelschwer lösbare Bodenarten
- Bodenklasse 5 – schwer lösbare Bodenarten
- Bodenklasse 6 – leicht lösbarer Fels und vergleichbare Bodenarten
- Bodenklasse 7 – schwer lösbarer Fels
Schon anhand der oben genannten Kurzbeschreibungen der Bodenklassen wird schnell klar, dass ein Boden der Klasse 3 leichter zu bearbeiten ist als ein Boden höherer Klasse. Dies schlägt sich auf die Gesamtdauer des Bauvorhabens, die architektonischen Möglichkeiten und die Baukosten nieder – die Kosten für den Aushub werden nämlich vor allem über die Bodenklasse kalkuliert.
Offiziell wurden die Bodenklassen mittlerweile abgeschafft und durch sogenannte „Homogenbereiche“ ersetzt, die feiner zu definieren sind. Bei den eher kleineren Grundstücken im privaten Hausbau werden sie aber weiterhin meist noch genutzt.
Was versteht man unter einem erweiterten Baugrundgutachten?
Bei einem regulären, „einfachen“ Baugrundgutachten werden vor allem die Zusammensetzung, die Tragfähigkeit des Bodens sowie die Wasserverhältnisse analysiert. Es besteht aber die Möglichkeit, dieses Bodengutachten – bei einem Verdacht – noch zu erweiterten. Dann gibt das Dokument zusätzlich detailliert Auskunft über etwaige Belastungen und Altlasten. Aus diesem Ergebnis leitet sich ab, inwiefern Abdichtungsmaßnahmen oder eine Entsorgung der Altlasten wichtig sein können. Manchmal ist es dringend notwendig, das Areal zu sanieren und das kann richtig teuer werden.
Wer kann ein Bodengutachten erstellen und wie lange dauert das?
Ansprechpartner für eine fachgerechte Baugrunduntersuchung sind, nach DIN 4020:2010, unabhängige Sachverständige für Geotechnik. Diese werden direkt durch den Bauherrn beauftragt oder durch den Bauträger und stammen idealerweise aus der Region des Bauvorhabens. Für die Erstellung des Bodengutachtens muss hinreichend Zeit eingeplant werden. Bauherren haben diese Zeit gefühlt oft nicht, da sie am liebsten schon morgen mit dem Bauen beginnen und übermorgen einziehen würden. Eine Verzögerung durch das Bodengutachten kommt somit eigentlich denkbar ungelegen. Allerdings lohnt es sich, diesen Mehraufwand in Kosten und Zeit in Kauf zu nehmen.
Wie lange es im Einzelfall dauert bis das Dokument vorliegt, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Zum einen sind die geologischen Gegebenheiten entscheidend. Zum anderen kann es sein, dass Nachuntersuchungen erforderlich werden. Im Normalfall sind für die eigentlichen Bohrarbeiten zirka drei Stunden anzusetzen. Der erfahrene Experte kann dann bereits eine erste vorsichtige Einschätzung geben, wie es um das Erdreich bestellt ist. Die detaillierte Bodenuntersuchung im Labor zieht sich dann allerdings ein paar Tage hin. Weitere ein bis zwei Wochen sind für die schriftliche Ausarbeitung zu veranschlagen. Sollten die Experten jedoch Schadstoffe in den Bodenproben finden, kann noch mehr Zeit für das Gutachten notwendig sein.
Wie hoch sind die Kosten für ein Bodengrundgutachten?
Die Kosten für das Baugrundgutachten hängen ab der Größe des Grundstücks und vom Aufwand für die Analyse, zudem variieren sie von Region zu Region. Die Preise starten ab rund 5 Euro pro Quadratmeter Grundfläche. Gutachten für Bauvorhaben mit einem Keller sind rund 15-20 Prozent teurer als ohne. Das bedeutet in der Praxis Preise ab 1.000 Euro für ein Standardgutachten bis hin zu 2.500 Euro bei Problemen und weiterführenden Untersuchungen wie Laboranalysen.
Insgesamt „sind die Kosten für ein Bodengutachten im Verhältnis zu möglichen Mängeln in der Gründung und Abdichtung sehr gering. Eine falsche Gründung kann unter Umständen jedoch ein ganzes Bauvorhaben gefährden. Ein Bodengutachten sollte daher Bestandteil jedes Bauvorhabens sein und im Bau- oder Kaufvertrag mit vereinbart werden“, empfiehlt auch Dipl.-Ing. Udo Schumacher-Ritz vom Verein zur Qualitäts-Controlle am Bau e.V. .
Kann man ein Baugrundgutachten bei der Gemeinde/Kommune einsehen?
Auch bei Städten, Gemeinden und Kommunen gibt es möglicherweise Daten zu Ihrem Grundstück, allerdings bei weitem nicht in der nötigen Tiefe und Qualität wie beim professionellen Baugrundgutachten. So bekommen Sie Infos zum Grundwasserspiegel und teilweise auch der Bodenqualität beim Bauordnungsamt bzw. den Wasserwirtschaftsämtern. Hierbei handelt es sich in der Regel um Daten, die im Rahmen der Erschließung des Grundstücks oder eines Baugebiets gewonnen wurden. Einen Einblick in die offiziellen „Bauakten“ zu einem bereits bebauten Grundstück bekommt man bei der Gemeinde gegen eine Gebühr von rund 40 bis 70 Euro. Hinweise auf Altlastenverdacht oder gar Bomben findet man gegen eine kleine Gebühr im Altlasten- bzw. Verdachtsflächenkataster beim örtlichen Umweltamt.
Wie kann man ein „Problemgrundstück“ schon vorher erkennen?
Natürlich kann niemand ohne weiteres unter die Erdkruste blicken. Dies ist nur mithilfe von Bohrungen möglich. Jedoch gibt es durchaus Indizien, die augenscheinlich auf einen Untergrund mit Problemen hinweisen. Dazu gehören angehobene oder abgesackte Gehwege, geneigte Straßenlaternen oder Gebäude(teile) sowie aufgeschüttetes Gelände. Und auch wenn rund um das geplante, noch unbebaute Grundstück alle Nachbargrundstücke schon seit Generationen bebaut sind, sollte man stutzig werden. Zudem geben vermeintlich idyllische Namen von Straßen oder Stadtteilen wie beispielsweise „Am Sande“ oder „Kieswiese“ eindeutige Hinweise auf entsprechende Bodenverhältnisse. Sinnvoll ist übrigens auch ein Blick in den Bebauungsplan, da sich hier möglicherweise frühere Probleme mit dem Grundstück nachvollziehen lassen.
Besondere Vorsicht ist natürlich geboten, sofern das Grundstück vorher gewerblich genutzt wurde, sich zum Beispiel auf dem Areal eine Müllhalde befand. Hier hilft wahrscheinlich nur noch großzügiges und extrem kostspieliges Flächenrecycling. Auch wenn die vorherige Nutzung durch eine Tankstelle, Industriebetriebe oder gar das Militär erfolgte, kann es mit großer Wahrscheinlichkeit zu Problemen kommen – siehe hierzu auch unseren Ratgeber zum Thema Altlasten.
Sie haben noch nicht Ihr Traumhaus gefunden?
Hier sind unsere neun beliebtesten Häuser – einfach Infomaterial gratis anfordern!
Verwandte Artikel
Weitere interessante Artikel aus dem Hausbau-Ratgeber die zum Thema passen
Bevor die Bauphase starten kann, fehlt noch ein wichtiger Schritt: die Baustelleneinrichtung. Was alles benötigt wird und welche ...
Wenn es für Baufamilien an die Wahl eines Heizsystems für ihren Neubau geht, ist die Auswahl heute groß. Sie unterscheiden sich nicht ...
Die erste Etappe zum Traumhaus ist geschafft! Der Rohbau steht, der Dachstuhl ist errichtet – und es wird sprichwörtlich Zeit, das ...
Die Gründe für Bauverzögerungen sind vielfältig und nicht gänzlich zu verhindern. Wie Sie vorbeugen können und wie Sie sich im Fall ...