Wann sollte man den individuellen Grundstückswert ermitteln lassen?
Die Grundstücksbewertung erfolgt in der Regel durch einen Immobiliensachverständigen, welcher ein entsprechendes Wertgutachten erstellt. Diese individuelle Wertermittlung von Grundstücken ist eine wichtige Orientierungshilfe, um deren mögliche Preise beim Grundstückskauf und -verkauf zu bestimmen. Dabei sollte beachtet werden, dass der tatsächliche Verkaufs- bzw. Kaufpreis vom errechneten Grundstückswert später durchaus deutlich abweichen kann – beispielsweise dann, wenn ein Grundstück innerhalb einer so genannten Realteilung in mehreren Teilen verkauft wird, die einzeln mehr einbringen.
Außerdem wird ein Wertgutachten bei gerichtlichen Auseinandersetzungen wie Scheidungen oder Erbschaftsstreitigkeiten, bei Finanzierungen durch Banken sowie zur Ermittlung der tatsächlichen Steuerlast benötigt. Grunderwerbs-, Erbschafts- und Schenkungssteuer berechnet das Finanzamt andernfalls – oftmals zu Ungunsten der Steuerpflichtigen – pauschal auf Grundlage des Bodenrichtwertes.
Wer führt Grundstücksbewertungen durch?
Den individuellen Wert eines Grundstücks können Ingenieure, Architekten oder spezialisierte Gutachter bestimmen. Auch Immobilienmakler können den Grundstückswert berechnen und verfügen in der Regel über die beste Kenntnis des aktuellen Marktwerts. Außerdem rechnen Sie die Kosten ihrer Grundstücksbewertungen oftmals erst beim Verkauf über ihre Provision ab. Außerdem können Sie bei einigen Immobilienportalen anhand von ein paar Angaben kostenlos eine grobe Ersteinschätzung des Grundstückswertes erhalten.
Arten und Kosten einer Grundstücksbewertung
Eine Grundstücksbewertung erfolgt im Rahmen eines Kurz- oder Vollgutachtens durch einen Immobiliensachverständigen. Beschreibt das Kurzgutachten das Objekt und dessen Wertansätze in verkürzter Form (etwa 2-3 Seiten), erläutert das Vollgutachten – auch Wertgutachten genannt – die einzelnen Faktoren der Wertermittlung sehr ausführlich und umfasst etwa 20-60 Seiten.
Die Kosten für eine Grundstücksbewertung sind vom Umfang des Gutachtens sowie der Art und Lage des Grundstücks abhängig. Bei Grundstückskäufen und -verkäufen sowie außergerichtlichen Einigungen, wie etwa bei einer Scheidung, reicht ein Kurzgutachten oft aus. Für ein Kurzgutachten liegen die Kosten bei ca. 100 – 500 Euro.
Bei zum Beispiel gerichtlichen Auseinandersetzungen ist hingegen ein detailliertes Gutachten erforderlich. Die Kosten für ein Vollgutachten liegen in der Regel bei 1,0 – 1,5 Prozent des Grundstückswertes und damit deutlich höher als die für ein Kurzgutachten.
Ende 2022 lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis für ein Grundstück in Deutschland bei 272,87 €/m² (Quelle: Statistisches Bundesamt). Bei einer Größe von 700 Quadratmetern ergibt das einen Grundstückswert von 191.000 Euro. Gehen wir von einem durchschnittlichen Kostenfaktor von 1,25 Prozent aus, würden sich somit Kosten in Höhe von rund 2.388 Euro für ein Vollgutachten ergeben.
Definitionen zum Grundstückswert
Bevor wir uns genauer anschauen, wie man den Grundstückswert ermittelt, ist es zunächst wichtig, damit zusammenhängende Begriffe zu verstehen und voneinander abzugrenzen. Denn bei Begriffen wie “Bodenwert” und “Bodenrichtwert” kann schnell Verwirrung entstehen. Außerdem muss immer beachtet werden, ob man über den Wert des Grundstücks mit oder ohne Bebauung spricht.
Grundstückswert ohne Bebauung
Was ist der Bodenwert?
Der Begriff “Bodenwert” bezieht sich auf den Wert des Grundstücks ohne Bebauung, also den reinen Marktwert des Bodens, bei dem seine Merkmale und Potenziale berücksichtigt werden (mehr dazu im Abschnitt “Welche Faktoren wirken sich auf den Grundstückswert aus?”).
Bei einem Verkauf beinhaltet der errechnete Bodenwert auch Grundstücksnebenkosten wie etwa Grundbuch- und Notarkosten, Maklergebühren und Grunderwerbsteuer. Ohne die Nebenkosten spricht man vom sogenannten „reinen Bodenwert“.
Zur Ermittlung des Bodenwertes – also eines unbebauten Grundstücks – kann der Bodenrichtwert, der einen Mittelwert aus vergleichbaren Grundstücken bildet, genutzt werden(siehe nachfolgender Abschnitt). Üblicherweise erfolgt die Ermittlung des individuellen Bodenwertes aber noch detaillierter anhand eines Vergleichswertverfahrens gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) weitere Infos dazu später).
Was ist der Bodenrichtwert?
Nicht zu verwechseln sind der Bodenwert und der Bodenrichtwert. Diese Begriffe meinen nicht dasselbe: Der Bodenrichtwert ist ein wesentlicher Faktor bei der Wertermittlung eines Grundstücks, also dem Bodenwert. Dabei kennzeichnet der Bodenrichtwert den durchschnittlichen, reinen Bodenwert innerhalb eines Gebietes. Angegeben wird er in Euro pro Quadratmeter Fläche. Er dient damit als Orientierungshilfe für Käufer, Verkäufer, Gutachter und andere Interessenten, um den Wert eines Grundstücks in einem bestimmten Gebiet abzuschätzen. Zu beachten ist aber, dass der Bodenrichtwert lediglich eine Durchschnittsangabe ist und individuelle Grundstücke aufgrund ihrer spezifischen Merkmale und Gegebenheiten davon abweichen können.
Die sogenannten Bodenrichtwertzonen umfassen ein räumlich zusammenhängendes Gebiet, innerhalb dessen die Bodenrichtwertermittlung durch einen unabhängigen Gutachterausschuss aus Immobiliensachverständigen erfolgt. Der Wert wird anhand umfangreicher Marktanalysen und tatsächlicher Verkaufspreise aus jüngerer Vergangenheit bestimmt. Das Baugesetz sieht vor, den Bodenrichtwert alle zwei Kalenderjahre oder früher zu aktualisieren.
Eine Bodenrichtwertauskunft für ein bestimmtes Grundstück können Sie im Vernetzten Bodenrichtwertinformationssystem (VBORIS) online nachschlagen. Die meisten Bundesländer nutzen eine interaktive Bodenrichtwertkarte mit einer Suchfunktion anhand der gewünschten Postleitzahl.
Bodenrichtwert (€/qm) × Quadratmeterzahl des Grundstücks = Bodenwert
Hinweis: Die genaue Fläche eines Grundstücks, die für die Ermittlung des Bodenwertes ausschlaggebend ist, kann dem Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes entnommen werden. Darüber hinaus kann sie bei Bedarf unter Angabe der Anschrift von dem jeweiligen Eigentümer und der Flurstücksnummer beim zuständigen Katasteramt Ihrer Gemeinde angefragt werden.
Grundstückswert inklusive Bebauung
Was ist der Grundstückswert?
Der Grundstückswert umfasst laut § 78 Bewertungsgesetz (BewG) den Bodenwert, den Wert eventuell vorhandener Gebäude (Bebauung) und den Wert der Außenanlagen einer Immobilie. Im Gegensatz zum reinen Bodenwert wird hier also die Bebauung in den Gesamtwert des Grundstücks mit eingerechnet. Die gängigen Verfahren sind hier das Sachwert- und das Ertragswertverfahren, das Sie in den folgenden Abschnitten noch kennenlernen werden.
Welche Faktoren beeinflussen den Grundstückswert?
Verschiedene Faktoren wirken sich bei der Grundstücksbewertung aus:
- Lage des Grundstücks – Befindet es sich in zentraler Stadtlage oder ländlicher Gegend, liegt es in Hanglage?
- Größe und Zuschnitt – Baulücken schränken möglicherweise in Hausgröße und -form ein
- Grunddienstbarkeiten im Grundbuch – bspw. Wohnrecht, Wegerecht, Vermietung
- Erschließungsgrad – Sind bereits Leitungen für Strom und Wasser verlegt?
- Art und Maß der baulichen Nutzbarkeit – Welche gesetzlichen Vorschriften gibt es laut Flächennutzungs- und Bebauungsplan?
- Verfügbarkeit von Infrastruktur – Straßenanbindungen und öffentlicher Nahverkehr, sowie die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und anderen Einrichtungen
- Beschaffenheit des Bodens – bspw. Tragfähigkeit und Altlasten
- Nachfrage nach Grundstücken in der Umgebung
- Städtebauliche Entwicklungspläne und Wertsteigerungspotenzial
- Vergleich mit ähnlichen Grundstücken
- Berücksichtigung von Bodenrichtwerten
Möchte man eine Immobilie bewerten, sollten alle wertbeeinflussenden Faktoren zur Festlegung des gesamten Grundstückswertes herangezogen werden. Für den tatsächlichen Marktwert eines Grundstücks ist beispielsweise entscheidend, ob und in welchem Umfang dieses bebaut werden darf (im Flächennutzungsplan der Gemeinde vermerkt) und wie es um die Bodenbeschaffenheit bestellt ist.
Die verschiedenen Kriterien können sich wertsteigernd oder wertmindernd auswirken: Beispielsweise senken im Grundbuch eingetragene Belastungen wie Grunddienstbarkeiten (z.B. Leitungs- und Wegerechte) den Grundstückswert ebenso wie Altlasten aus einer früheren industriellen Nutzung (Altöl, Chemikalien etc.).
Bereits als Bauland erschlossene Grundstücke sind im Vergleich wertvoller als unerschlossene. Und die unmittelbare Nähe zu einem Park, einer Schule oder anderen infrastrukturellen Einrichtungen steigert ebenso den Grundstückswert.
Insbesondere in der Nähe von Ballungsgebieten ist zum Beispiel Bauerwartungsland – also Grundstücke einer Gemeinde, die in absehbarer Zeit als Bauland erschlossen werden könnten – sehr begehrt, da der Wohnraumbedarf groß und eine städtebauliche Erweiterung wahrscheinlicher ist als in kleineren Kommunen.
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So wird der Grundstückswert ermittelt
Den Grundstückswert ermitteln kann man laut Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) anhand des Vergleichswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder des Ertragswertverfahrens.
Vergleichswertverfahren
Das Vergleichswertverfahren ist eine gängige Methode zur Ermittlung von Grundstückswerten. Es basiert auf dem Prinzip des Vergleichs ähnlicher Grundstücke, die kürzlich verkauft wurden, um den Wert eines bestimmten Grundstücks abzuschätzen. Dabei werden verschiedene Merkmale wie Lage, Größe, Bodenbeschaffenheit und Erschließung berücksichtigt.
Das Vergleichswertverfahren kann auch auf bebaute Grundstücke angewendet werden, da diese aber häufig schwieriger miteinander vergleichbar sind und für ihren Verkauf damit meist nur ungenügende Vergleichswerte vorliegen, wird das Verfahren hauptsächlich auf unbebaute Grundstücke angewandt.
Liegen keine aktuellen Vergleichswerte vor, dient die Bodenrichtwerttabelle des umschließenden Gebietes als Kalkulationsgrundlage. Zwar wird sie in der Regel alle zwei Jahre aktualisiert, da sich die jeweiligen Bodenrichtwerte stets auf Grundstücksverkäufe der Vergangenheit beziehen, können sie je nach Marktentwicklung bereits veraltet und der Quadratmeterpreis vergleichbarer Immobilien inzwischen erheblich gestiegen sein.
Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren wird bei Grundstücken mit eigengenutzter Bebauung angewendet (z.B. Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser). Bei dieser Methode werden zunächst die Kosten für den Neubau eines vergleichbaren Gebäudes ermittelt und dabei verschiedene Faktoren wie Größe, Bauqualität und Ausstattungsstandard berücksichtigt. Auch wertmindernde Faktoren wie das Alter des Gebäudes oder Baumängel spielen eine Rolle bei der Wertermittlung. Anschließend wird der Wert des Grundstücks separat festgestellt, zum Beispiel durch das Vergleichswertverfahren oder anhand von Bodenrichtwerten. Letztendlich wird also der Sachwert des Gebäudes zum Bodenwert hinzugerechnet, um den Gesamtwert des Grundstücks zu ermitteln.
Das Sachwertverfahren wird häufig bei Grundstücken angewendet, bei denen der Gebäudewert eine wesentliche Rolle spielt, wie zum Beispiel bei Spezialimmobilien oder Sonderbauten. Es findet auch Anwendung, wenn keine ausreichende Anzahl von Vergleichsobjekten für das Vergleichswertverfahren zur Verfügung steht.
Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren findet bei Grundstücken mit Bebauung Anwendung, die nicht selbst genutzt, sondern verpachtet oder vermietet werden. Es berücksichtigt sowohl den Wert des Grundstücks als auch die möglichen Einnahmen, die aus einer Immobilie erzielt werden können.
Typische Beispiele sind Mietwohn- und Geschäftsgrundstücke (Büros, Geschäfte, Einkaufszentren etc.), Spezialimmobilien (Tankstellen, Hotels, Parkhäuser etc.) oder gemischt genutzte Grundstücke.
Das Ertragswertverfahren ist sehr komplex, da viele Faktoren wie erzielbare Mieterträge, Bewirtschaftungskosten wie Instandhaltungskosten, Abschreibungen, Mietausfallrisiken etc. und Liegenschaftszinsen berücksichtigt werden. Es ist sehr wichtig, realistische Mietwerte und Ertragserwartungen zu verwenden, um eine verlässliche Wertermittlung zu erhalten.
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